Ein homosexueller Sohn eines kommunistischen Industriearbeiters verkracht sich mit seiner Familie und flieht zum Studium nach Paris. In dem liberalen Großstadt-Umfeld findet er ein neues Leben, steigt sogar zum Professor der Soziologie auf. Erst nach dem Tod seines Vaters kehrt er in seine Heimatstadt Reims zurück und trifft seine Mutter wieder. Beim Betrachten seiner Fotos aus Kindheitstagen wird ihm bewusst: Er ist ein Arbeiterkind, nur Begabung und Glück haben ihm einen sozialen Aufstieg verschaffen können. Er merkt, dass er über all die Jahre kein Problem hatte, sich zu seiner Homosexualität zu bekennen, verspürte aber eine soziale Scham, wenn es um seine Klassenherkunft ging.
Seit diesem Erlebnis setzt sich Didier Eribon selbstkritisch mit einer linksliberalen Theorie auseinander, welche das Klassendenken aus der Linken herausnahm und sich auf eine akademische, leicht elitäre Linke beschränkte. In seinem Buch „Rückkehr nach Reims“ untersucht er – halb Autobiographie, halb soziologische Untersuchung –, wie es dazu kommen konnte, dass Menschen aus der (französischen) Arbeiterklasse früher automatisch links (Sozialisten oder Kommunisten) wählten, diese heute aber ein bedeutendes Wählerpotenzial für den rechtsradikalen Front National abbilden. Seiner Analyse nach trägt die politische Linke hierfür einen selbstverschuldeten Anteil, weil das an sich richtige Eintreten für Minderheitenrechte zu sehr die Klassenfrage in den Hintergrund drängte.
Die Hochschulgruppe SDS.dielinke bietet zum Sommersemester zu diesem im letzten Jahr viel gelesenen und diskutierten Buch einen Lesekreis an:
Ab dem 08. Mai immer montags, 18 Uhr im Hörsaalgebäude +2/0120.
Interessierte sind herzlich willkommen!