Wir begrüßen sehr, dass sich das Marburger Studierendenparlament soeben klar gegen eine Große Koalition in der Marburger Stadtregierung ausgesprochen hat. Der eingebrachte und ohne Änderungsanträge vom Studierendenparlament mehrheitlich angenommene Antrag im Wortlaut:
Das 52. Student*innenparlament fordert die Fraktionen der SPD, Grünen und Marburger Linke in der Stadtverordnetenversammlung dazu auf, eine rot-grün-rote Regierungskoalition zugunsten einer sozial-ökologischen Wende abzuschließen. Eine Große Koalition – wie es bereits das 51. Studierendenparlament in seiner 9. Sitzung am 22.06.2016 auf gemeinsamen Antrag von Mitgliedern der Juso-HSG und SDS.dielinke beschlossen hat – sieht das Student*innenparlament ausdrücklich nicht im Interesse der Student*innen.
Der AStA wird einer entsprechenden student*innenfeindlichen Politik (Sparmaßnahmen in der Infrastruktur, im Wohnungsbau, Priorisierung des PKWs vor den anderen Verkehrsträgern, Gebührenerhöhungen bei der Kinderbetreuung etc.) politisch entgegenarbeiten.
Mit der folgenden Begründung haben wir diesen Antrag in das Studierendenparlament eingebracht:
Bei den Kommunalwahlen vergangenen Herbst haben 60% der Einwohner*innen dem „linken Lager“ ihr Vertrauen geschenkt. Eine solche komfortable Mehrheit für Rot-Grün-Rot ist eine gute Voraussetzung für eine solidarische Politik. Doch nicht nur zahlentechnisch ist eine solche eine logische Konsequenz. Auch in der konkreten Ausgestaltung der Politik gibt es genügend Gemeinsamkeiten, die den Forderungen der Verfassten Student*innenschaft entgegenkommen. So haben gemeinsame Anträge der drei Parteien bewirkt, dass den Opfern der militaristischen Marburger Jägern (man denke nur an deren Beteiligung am Massaker an den Herero und Nama 1904 im heutigen Namibia) ein Denkmal errichtet wird. Auch in der Verkehrsfrage gab es in den letzten Jahren einen Konsens dieser Parteien, die Verkehrsmittelnutzung insofern zu verändern, dass der Anteil des PKWs deutlich zugunsten ökologischerer Verkehrsmodelle abnimmt.
Dass die Verhandlungen dennoch (vorerst) gescheitert sind, liegt an einer unterschiedlichen Einschätzung der Haushaltssituation. Die von der SPD bedauerlicherweise befürwortete Austeritätspolitik trifft vor allem Student*innen: Gestrichen wurden nicht nur 500.000 Euro im Wohnungsbau und die Mittel für den Bau einer Brücke über der Lahn auf den Afföllern, sondern sogar dringend notwendige (energetische) Sanierungsmaßnahmen wie die der Weidenhäusener Brücke oder teilweise der Waggonhallen. Zusätzlich werden die Gebühren an verschiedenen Stellen (Kita-Betreuung, Müllgebühren, Zweitwohnungssteuer) angehoben. Die logische Folge ist, dass eine solche Politik mittelfristig nur mit der CDU weitergeführt werden kann, was nicht abschätzbare Folgen auch für die politische wie finanzielle Unterstützung für das alternative Umfeld in Marburg haben kann: Förderung der Waggonhallen, des Weltladens oder sonstige sozialen, ökologischen und/oder globalisierungskritischen Initiativen steht nicht auf der Agenda der Konservativen.
But there is an alternative: Die Anhebung der Gewerbesteuer wäre ein Mittel, die Haushaltslage zu stabilisieren ohne austeritätspolitische Maßnahmen zu ergreifen. Es wäre gleichzeitig ein Mittel, um die auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich zumindest auf kommunaler Ebene etwas entgegenzusetzen. Auf der Grundlage einer solchen anti-neoliberalen, solidarischen Politik würde das Student*innenparlament eine rot-grün-rote Alternative kritisch-solidarisch begrüßen.