Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Alle,
mensch stelle sich folgende Situation vor. Eine Person aus Marburg hat einen Hund und möchte die 60 Euro Hundesteuer, die an die Kommune zu entrichten ist, nicht mehr vollumfänglich bezahlen. Nun tritt die Person an Herrn Spieß in seiner Sprechstunde heran um das Anliegen vorzubringen. Herr Spieß' Reaktion lässt sich nur erahnen. Wahrscheinlich würde er das Anliegen mit einem müden Lächeln abtun und die Person zum Gehen bewegen. Was für alle gilt, nämlich das Zahlen von festgesetzten Steuern, zählt scheinbar nicht mehr für den milliardenschweren Pharmakonzern Biontech. Ein Kernsatz der Verfassung: „Eigentum verpflichtet- Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“, soll nun in Marburg nicht mehr für große Unternehmen gelten.
Die Gewerbesteuer, die vor allem von den großen Unternehmen in Marburg entrichtet wird, ist die Haupteinahmequlle der Stadt. Durch die geplante Senkung der Gewerbesteuer dreht sich die Stadt nun selbst den Geldhahn zu. Sozialökolgische Wende, sozialer Wohnungsbau und Kitaausbau, wie passt das mit Steuersenkung, Rücklagenbildung und Einsparungen zusammen? Gar nicht!
Anstatt den Geldsegen zu nutzen und die Politik zu betreiben, für die die Koalition aus SPD, B90/DieGrünen, Klimaliste und Marbuger Linke gewählt wurde, subventioniert sie einen Konzern, bei dem Profite über Menschenleben stehen.
Die Forderung von Biontech, dass die Standortstädten Idar-Oberstein, Mainz und Marburg ihre Gewerbesteuer zu senken haben, ist einfach nur dreist und inakzeptabel. Denn ohne die öffentlichen Gelder wäre die Erforschung der Impfstoffe nie zustande gekommen. Jahrzehntelang wurde an öffentlichen Hochschulen zu mRNA-Impfstoffen geforscht. Erst mit dem Beginn der Pandemie stiegen die privaten Unternehmen ein und schöpfen nun Milliardengewinne ab, die eigentlich uns Allen gehören. Das können und wollen wir so nicht hinnehmen!
Deshalb fordern wir die Marburger Stadtregierung, das Land Hessen, die Bundesregierung und die sogenannte westliche Wertegemeinschaft auf, ein Zeichen zu setzen und zu zeigen auf welcher Seite sie stehen - auf der Seite des Kapitals oder auf der Seite der Menschen. Wir rufen dazu auf, die menschenverachtende Geopolitik, sei es bei der Corona-oder der Asyl- und Migrationspolitik, zu beenden. Gebt endlich eure Blockadehaltung zum Trips-Waiver auf und gebt alle Patente und Lizenzen, die zur Herstellung der Coronaimpfstoffe vonnöten sind, frei. Wir brauchen einen globalen Zugang zu den Impfstoffen für alle Länder und keinen unsolidarischen Impfnationalismus. Lasst Impfstoffe, die nicht in der westlichen Welt produziert werden, schnellere Test- und Zulassungsverfahren durchlaufen, damit freie Mobilität während der Krise kein Privileg derer bleibt die sich mit den teuren Impfstoffen impfen lassen können. Damit verbunden ist auch die Anerkennung, das Wissenschaft und ordentliche Forschung nicht nur eine Fähigkeit und ein Privileg der westlichen Welt ist. Des Weiteren muss die Bundesregierung endlich ihre Blockade auflösen und die Gewinne der Impfstoffproduzierenden abschöpfen. Dieses Geld wird dringend benötigt, um öffentliche Produktions- und Laborkapazitäten für Impfstoffe weltweit zu schaffen und Lieferengpässe und Handelsbeschränkungen global und demokratisch zu beseitigen. Die Pandemie kann nur weltweit bekämpft und beendet werden.
Es kann nicht sein, dass die Regierung Unternehmen auf Kosten der Allgemeinheit subventioniert und deren Monopolstellung verteidigt. Denn - Gesundheit ist keine Ware, sondern Menschenrecht!
Deshalb fordern wir:
- die Stadt Marburg und insbesondere den gerade tagenden Finanzausschuss auf, der Senkung der Gewerbesteuer nicht zuzustimmen
- wir fordern auf lange Sicht eine Erhöhung der Gewerbesteuer und keine Senkung
- wir fordern eine gerechte und nachhaltige Finanzpolitik, die nicht auf den Schultern der Allgemeinheit ausgetragen wird
- wir fordern eine sofortige Freigabe der Patente & Lizenzen für Impfstoffe
- wir fordern eine Abkehr vom Nationalismus und den neokolonialen Strukturen, nicht nur bei der Impfstoffverteilung, und das Eintreten für eine solidarische Weltgesellschaft
Wir fordern: Gemeinwohl statt Profite - Hände weg, Biontech!
Danke für eure Aufmerksamkeit