Äußerung zu Gerüchten zur Einführung eines Härtefall-Euros

In den vergangenen Wochen haben uns viele Gerüchte über den Härtefall-Euro (liebevoll auch: "HF€") erreicht. Viele davon entbehren jeder sachlichen Grundlage. Da die Parlamentarier*innen auf einer ihrer nächsten Sitzungen über den Härtefall-Euro abstimmen werden und uns dessen Einführung als solidarisches Projekt zur Unterstützung der Ärmsten unter uns sehr am Herzen liegt, haben wir zur Klärung der Sachlage eine Kommentierung der häufigsten Gegenargumente zusammengestellt. Wir hoffen, damit insbesondere den Bedenken einiger Abgeordneten der SEM abhelfen zu können.

1. Annahme: Der Härtefall-Euro ist unverhältnismäßig hoch

Betrachtet man die gesamten Kosten (Semesterticket, Verwaltunggebühren, Studierendenbeitrag etc.) des Semesterbeitrages, dann machtewürde der Härtefall Euro gerade einmal 0,3% der gesamten Kosten ausmachen. Jede*r Studierende müsste pro Monat 17€ mehr Semestergebühren bezahlen. Der Studierendenbeitrag von 8,70€ wurde seit der Einführung des Euro's nicht mehr angehoben – dies trotz Inflation, entsprechenden Gehaltsanpassungen der im AStA Angestellten Menschen und sinkenden Zinsen für Sparguthaben, aus dessen Erträgen der Härtefall-Euro bisher finanziert wurde. Das bedeutet, es steht dem AStA trotz Steigerung der Studierendenzahlen viel weniger Geld zur Verfügung als noch vor 15 Jahren.
Wir finden die Verwaltungsgebühren der Universität im Semesterbetrag (50€) sind viel zu hoch. Man sollte sich dafür einsetzen, diesen Betrag zu senken.
Es sind unses Erachtens keine 50€ pro Semester nötig, um den Studierenden ein Stammdatenblatt zu schicken. Es ist Aufgabe der gewählten studentischen Vertreter*innen im Senat, diese Ausgabe zu kritisieren und eine Senkung der Verwaltungsgebühren zu erreichen.

2. Annahme: Die AStA Referenten erhöhen sich selbst die Aufwandsentschädigungen, um dann behaupten zu können, dass zu wenig Geld für Härtefälle da ist, um im weiteren mehr Geld von den Studierenden abschöpfen zu können, das sowieso nur in ihre Taschen fließt

Fakt: Es stimmt, dass die Aufwandsentschädigungen von 150€ auf 200€ gestiegen sind. Die Steigerung der Aufwandsentschädigungen entspricht der  Arbeitsleistung der gewählten Referent*innen. Dies sichert den Referent*innen die Möglichkeit zur Weiterarbeit in den AStA-Strukturen. Viele sind neben ihrem Studium selbst prekär beschäftigt. Dies darf unseres Erachtens keine Hürde zur politischen Arbeit im AStA darstellen. Anders ist eine selektionsfreie Beteiligung von Studierenden, ungeachtet der individuellen (geringen) finanziellen Mittel nicht zu bewerkstelligen. Um zu verhindern, dass nur finanziell besser Gestellte AStA-Arbeit machen können, ist eine ausreichende Aufwandsentschädigung notwendig und sinnvoll. Trotzdem reichte der Haushalt nicht dafür, allen Referent*innen, die im AStA arbeiten wollten, eine Aufwandsentschädigung zu zahlen. Deshalb gibt es viele Referent*innen, die ganz auf ihre Aufwandsentschädigung verzichten oder sich ihre Aufwandsentschädigung teilen. Die Arbeit im AStA erfolgt demgemäß vor allem aufgrund politischer Überzeugung und der Motivation, sinnvolle Arbeit in demokratischen Gremien leisten zu wollen. Diesen Menschen allen rein finanzielle Motive vorzuwerfen, entspricht weder der Wahrheit noch der Gerechtigkeit ihnen gegenüber.

3. Annahme: Der Härtefall Euro kann rechtlich nicht an einen bestimmten Zweck gebunden werden. Missbrauch bzw. Zweckentfremdung sind vorprogramiert.

"Dieser Vorwurf stimmt aus folgenden Gründen nicht: Zunächst einmal sollte man sich den Haushalt der Studierendenschaft ansehen. Dieser teilt sich in einen allgemeinen Haushalt, aus dem Gehälter, studentische Projekte usw. finanziert werden und einen Verkehrhaushalt, aus dem das Semesterticket finanziert wird, auf. Richtig ist, dass letztere  haushaltsrechtlich aufgrund ihrer klaren Zweckbestimmung definitiv nicht "verschoben" werden dürfen. Schließlich ist die Studierendenschaft Verträge mit den Verkehrsbetrieben eingegangen; jene daraus erwachsende Ansprüche sind seitens der Studierendenschaft zu bedienenAlles andere wäre mindestens als Betrug einzuordnen.
Das heißt also, der Härtefall Euro wird per Beschluss des StuPa's dem Verkehrshaushalt zugesprochen. Wenn man sich wirklich ganz sicher sein will, muss man diese Erhebung des Härtefall-Euros und dessen Verwendung sowohl in die Satzung als auch in die Härtfallordnung hinein schreiben, dann können auch wechselnde Mehrheitsverhältnisse dies nicht ohne weiteres verändern.
Trotzdem gilt in Demokratien generell das Prinzip der Veränderlichkeit von früheren Positionen. Dass da auch schlechte Entscheidungen und Veränderungen getroffen werden können ist ein systemimmanentes Risiko, dass nur durch gute Oppositionsarbeit, aufmerksame Wähler*innen und durch eine kritische Wählerschaft eingedämmt werden kann. Wir als SDS sind nach reiflichen Überlegungen der festen Überzeugung, dass der Härtefalleuro eine gute und gerechte Sache ist.

4. Annahme: Die gestiegenden  Studierendenzahlen haben dem AStA ein Einnahmenhoch bescheert. Trotzdem sind sie nicht in der Lage, mit den Geldern vernünftig zu haushalten.

Fakt: Tatsächlich sind die Studierendenzahlen gestiegen und damit die Einnahmen. Jedoch sind, wie in Punkt eins bereits erwähnt, auch die externen und internen Kosten gestiegen, sowie andere Einnahmen (wie die Zinsen auf Sparguthaben) stark gesunken. 
Wenn mehr Studierende an die Uni kommen, werden mehr Studierende die Dienstleistungen des AStA in Anspruch nehmen. Dem ist man dadurch gerecht geworden, indem mehr Personal für die Sozialberatung eingestellt wurde. Auch die Fachschaften benötigen mehr Mittel, um die gestiegenden Ausgaben kompensieren zu können. Mehr Studierende bedeutet auch, und das ist an sich positiv, dass mehr Menschen Gelder für studentische Projekte beantragen. Die Studierendenschaft ist zudem noch internationaler geworden und diese Menschen wollen sich ebenfalls politisch und kulturell beteiligen. Durch die gestiegenden Studierendenzahlen entstanden aber auch zunehmend Probleme, deren sich die AStA-Referentinnen zunehmend annehmen müssen. Die Wohnraumnot, die Verkehrspolitik, die Ausdünnung der universitären Bildungsangebote ...
Der Vorwurf dagegen, man würde lediglich nicht richtig haushalten, lässt dies unbeachtet.

5.Annahme: Statt mehr Geld von den Studierenden zu verlangen, sollte der AStA lieber aufhören, sinnlose politische Projekte zu fördern.

Fakt: Der AStA fördert sehr gerne politische und kulturelle Projekte von Studierenden, solange sie auch die Interessen der Studierenden bzw. der Hochschule betreffen. Dies zeugt von einer aktiven demokratischen Kultur, was das gesellschaftliche Miteinander nur befördern kann. Ehrenamtliches politisches und kulturelles Engagement ist ein wesentlicher Bestandteil für eine demokratische Gesellschaft. Die den AStA tragenden Menschen freuen sich, wenn dieses Engagement insofern befördert werden kann, dass aktive Menschen nicht auf ihren finanziellen Kosten für ihre Projekte und Veranstaltungen sitzen bleiben müssen.
Als studentische Intitution, welche vom Studierendenparlament demokratisch aufgestellt wird, wurde der AStA in den letzten Jahren überwiegend von sich politisch (links) verstehenden Menschen besetzt. Mithin werden auch Projekte mit politisch-gesellschaftlichem Anspruch gefördert. Dies liegt in der Natur der Sache und entspricht auch unserer Vorstellung lebhafter politischer Beteiligung. Schlussendlich ist der AStA sogar qua Satzung und durch das Hessische Hochschulgesetz (HHG) dazu verpflichtet, politische Projekte zu fördern.

6. Annahme: Seit mehr als 1,5 Jahren sind Härtefallanträge im AStA liegen geblieben und per Anweisung aus dem Vorstand nicht bearbeitet worden, da "der Topf leer sei"; der AStA hat  somit rechtswidrig gehandelt. Dass keine Gelder aus dem AStA bereitgestellt wurden, ist in Anbetracht der Erhöhung der AEn nicht hinnehmbar; eine Einführung eines HF€ unter diesen Umständen nicht legetim.

Fakt: Dies ist entschieden zurückzuweisen. Nach wie vor können Studierende Härtefallanträge einreichen. Diese werden und wurden unverzüglich bearbeitet. Gegenteiliges – also ein Untätigbleiben – wäre schlicht rechtswidrig. Auch wir waren maßgeblich daran beteiligt, jenes Instrumentarium (die Möglichkeit der Einreichung von Härtefallanträgenn) überhaupt einzuführen. Richtig ist, dass wir derzeit vor dem Problem einer sich anbahnenden Leerung des Härtefalltopfes stehen. Wir drehen uns im Kreis: Eben aus diesem Grunde fordern wir die solidarische Umverteilung auf alle Studierende, da dies in Zeiten einer Niedrigzinspolitik der EZB nicht mehr aus Zinserträgen zu finanzieren ist!